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Nachdem mich Thomas Schaaf nicht ins Mannschaftstraining nominieren wollte, hatte ich ein Privattraining mit Reinhard Schnittker, Athletiktrainer von Werder ausgemacht und war auf eine Laufrunde nach dem Mannschaftstraining verabredet. Es wurde mein interessantester Abend als Werder-Fan, an dem ich mich für 1,5 Stunden wie ein Fußballprofi fühlen durfte.

Da ich dem Weg zum Mannschaftshotel nicht kannte, bin ich mit Reinhard (er bot mir sofort das „Du“ an) direkt vom Trainingsplatz auf einen 2,5 km Kurs über den dazwischenliegenden Golfplatz gestartet. Reinhard macht schon seit 10 Jahren die Leistungsdiagnostik für Werder und seit letztem Sommer hauptberuflich – sprich per Brustgurt, Ortungs-Chip und Blutproben Herzfrequenzen, Laufwege, Geschwindigkeiten, Sprint- und Laktat-Werte aufnehmen, korrelieren und wissenschaftlich auswerten. Die Spieler bekommen dann individuell zugeschnittene Trainingspläne, z.B. für Weihnachten oder hier im Trainingslager. Wenn die Truppe also zusammen laufen geht, bekommt jeder Spieler ein individuelles Tempo bzw. eine zu erreichende Herzfrequenz vorgegeben. So kann es sein, dass ein Spieler von außen betrachtet scheinbar hinterher schleicht, es in diesem Moment aber das Richtige und Beste für ihn darstellt, das absolut gewollt ist.

Fußball können so an ihre absolute Leistungsgrenze gebracht werden und sind demnach total fit. Aber können sie auch einen Marathon laufen? Definitiv nicht! 10-15 km sind machbar, aber spätestens dann würden ihre Oberschenkel explodieren. Auf Rasen sprinten und auf Asphalt joggen sind eben zweit grundverschiedene Dinge, besonders die Art und Weise des Trainings, die dahinter steckt.

Meine Herangehensweise ohne Pulsuhr zu laufen fand er nicht verkehrt. Denn wenn man seinen Maximalpuls nicht kennt, kann man auch nicht vernünftig nach Herzfrequenzen trainieren. Bestimmen kann man sein Limit mit einem Leistungstest. Also fragte mich Reinhard nach der kurzen Laufrunde und meines mittäglichen Strandlaufes: „Bist du noch fit“? „Ja, klar“, sagte ich, ohne zu ahnen, dass er mich postwendend mit in das Mannschaftshotel nahm und mit mir den Spieler-Leistungstest auf einem Laufband durchziehen wollte.

Werders Wintertrainingslager 2013

Im noch weihnachtlich geschmückten Hotel kam mir direkt Marko Arnautovic im Bademantel entgegen, gefolgt von anderen Spielern, die sich wohl noch eine Runde in den Pool gelegt haben vor dem Abendessen. Reinhard hatte also noch viel Zeit mich übers Laufband zu hetzen. Brustgurt vom Profi anlegen lassen, rauf aufs Laufband und los gings. Die Aufgabe bestand darin, jeweils 3 Minuten in 5 steigenden Geschwindigkeiten (von 8 bis 16 km/h) durchzuhalten, ohne vorher vom Laufband zu kippen. 16 km/h ist gleichzeitig das Maximum beim Leistungstest mit den Spielern. Reinhard ließ es ruhig angehen mit mir, zumal mein Puls schon im geringsten Tempo sehr hoch war, was aber zu Großteilen an der aufregenden Situation lag. Er fragte mich mehrmals, wie sehr ich schon angestrengt sei, da mein theoretischer Maximalpuls bei 192 liegen müsste, der relativ schnell erreicht war. Theorie und Praxis sind eben verschieden: Mein Maximum liegt nun nach dem Praxistest bei 211 Schlägen/Minute und ich hielt das Programm bis zum bitteren Ende durch. Prädikat: Fit wie ein Fußballprofi! Im Kader gibt es wohl 2 Spieler, die noch mehr leisten können – die Namen wollte er aber nicht verraten…

Fazit: Meine Fitness entspricht zwar der eines Fußballprofis, aber genauso wie Fußballer keinen Marathon laufen können, würde ich nach der ersten Halbzeit Bundesliga schlapp machen und hätte wohl im 100m-Sprint gegen keinen im Team eine Chance. Das Vertragsangebot blieb also aus. Ich kenne nun meine Leistungsgrenze und habe einige tolle Tipps mitgenommen, bspw. Intervallläufe von 4x1.000m einzubauen. Von mir bekam er noch den Tipp die Mannschaft mal zu einem Tanzkurs zu schicken: fördert Teamgeist, Koordination, Aufmerksamkeit und schwitzen kann man da auch. Also falls ihr mal lest, dass…

Mein spannendstes Ferienerlebnis, danke Reinhard, dass du dir so viel Zeit genommen hast! Wie abgemacht werde ich mich nach meinem Marathon mit einem Bericht per Mail melden…

Aus dem Mannschaftshotel berichtet
Stefan