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Samstag, 25.09.2010, 9:00 Uhr morgens, Frankfurt a.M. Nach drei anstrengenden Messetagen war er nun gekommen, der Tag des Derbys, das wichtigste Spiel des Jahres. Unser Spielchen gegen unsere Rivalen vom Hamburger Sportverein. Die aktuelle Verfassung der Mannschaft ließ uns nichts Gutes erahnen und auch die Meinungen, Hoffnungen und Tipps im Fanclub waren geteilter Meinung. Doch war ich positiv gestimmt, hatte ich doch noch das Pokalhalbfinale oder das Halbfinale im UEFA-Cup im Hinterkopf. Bei diesen Spielen ging Werder auch nicht als Favorit ins Spiel. Bei den Derbys geben die Jungs aber einfach immer alles! So rechnete ich mit einem hart umkämpften 2:1 für grün-weiß.

Nach einer angenehmen Zugfahrt traf ich mich dann um halb sechs mit einem Kumpel am Hauptbahnhof und wir stiegen sofort in die 3E Richtung Weserstadion. Allerorten diskutierte man über die Bundesligaergebnisse, verloren die Bayern aus München doch gegen Mainz zu Hause mit 1:2, der VfB Stuttgart sogar mit 1:4 gegen Bayer 04 Leverkusen und gab dort wahrlich keine gute Figur ab und auch der FC Schalke 04 konnte sich nur mit Glück in den letzten Spielminuten ein Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach erkämpfen. Man diskutierte auch aber auch über den Bremer Amateurfußball und die angehende Reform der Regionalliga. Diese Voraussetzungen galt es zu nutzen und wichtige Punkte zwischen die Favoriten und Werder zu legen oder nicht davonziehen zu lassen.

Natürlich galt es auch die aktuelle Verfassung der Mannschaft zu überwinden und ein deutliches Zeichen zu setzen und sich als Mannschaft zu präsentieren. Ein schönes Spiel erwartete ich jedoch nicht, sollte allerdings eines Besseren belehrt werden. Hatte dieses Spiel doch alles, was ein Spiel mit grün-weißer Beteiligung zu bieten haben muss.

Pünktlich am Weserstadion angekommen, wunderten wir uns über die vielen Karten, die zum Verkauf angeboten wurden. Wollte man sich die Niederlage nicht ansehen? Hatte man genug von dem Elend gesehen? Es waren mit Sicherheit 30 Karten zwischen der Hamburger Straße und dem Tor 4, die wir hätten kaufen können. Wie das an den anderen Stellen aussah, an denen regelmäßig die Karten noch verkauft werden, möchte ich mir gar nicht ausmalen.

Nach einem schnellen Einlass, der sich – zumindest am Tor 4 – deutlich verbessert hatte (Robert wurde sogar nach seinem Studentenausweis gefragt) suchten wir uns schnell einen Platz in der Nähe des Tores in der „Ostkurve“. Da es nach dem Umbau der Ostseite das erste Mal im Stadion war, galt es für mich erst einmal die Änderungen zu betrachten. Was ich sah, gefiel mir. Ich denke der Umbau wird sich lohnen. Auch beide Fanlager duellierten sich mit Fangesängen und verhöhnten sich natürlich in guter Tradition.

Punkt 18.30 Uhr pfiff Schiedsrichter Kinhöfer das Spiel an. Die Spannung stieg, doch die ersten Minuten zeigten ein verkrampftes Spiel, keine Seite konnte die Initiative ergreifen. Der HSV schien mir allerdings ein wenig stärker und Werder hätte sich nicht beschweren dürfen, wären sie schon früh in Rückstand geraten. Dabei verdankten wir dieses Glück auch den nur halbherzig vorgetragenen Angriffen und schlechten Flanken der Hamburger. Stück für Stück erkämpfte sich grün-weiß jedoch wichtige Spielanteile. In der 25. Spielminute durften wir dann zum ersten Mal jubeln! Der zurückgekehrte Claudio Pizarro erhielt den Ball in der gegnerischen Hälfte, durfte unbedrängt Richtung Strafraum dribbeln und spielte nach links auf Marko Marin. Dieser zog, wie es seine Art ist, in den Strafraum und zog ab. Der Hamburger Demel fälschte den Ball unglücklich ab – egal! 1:0! Damit schien der Knoten geplatzt. Werder dominierte nun eindeutig und die Hamburger Sportkameraden hatten Glück als Marin eindeutig im Strafraum von Mathijsen gefoult wurde, es jedoch keinen Elfmeter gab. Werder ließ sich jedoch nicht beirren und setzte nach. Vier Minuten später klingelte es erneut. Nach ein Freistoß von Hunt, stieg der starke Hugo Almeida am Höchsten und netzte mustergültig mit dem Kopf ein. Der HSV versuchte es nun noch einmal, war in den Aktionen aber nicht zwingend, so dass es mit 2:0 in die Pause ging! Das hätte nun keiner erwartet.

Mit Beginn der zweiten Hälfte wieder ein komplett anderes Spiel. Nur noch der HSV in der Offensive. Werder schaffte es kaum noch über die Mittellinie. Man fragte sich erneut, was mit den Jungs los ist. Wieso schaffen sie es nicht einen 2:0-Vorsprung sicher über die Bühne zu bringen? Dabei traten sie nicht einmal arrogant auf, sie hatten einfach alles vergessen, was sie in der ersten Hälfte so stark gemacht hatte. Ein Fan vor mir frotzelte dann auch schon: „Pass auf, wir spielen noch 2:2!“ Mir meinen Optimismus nicht nehmend, scherzte ich zurück: „Du meinst 3:2!“

In der 53. Minute wechselte Armin Veh dann Jonathan Pitroipa ein, der sich für die nächsten Szenen verantwortlich zeigte. Er brachte frischen Wind in das Hamburger-Offensivspiel. In der 59. Spielminute spielte Pitroipa auf van Nistelrooy, der mit der Hacke einnetzen konnte. Anschlusstreffer! Nun wurde es ein packendes, mitreißendes, nervenaufreibendes – eben ein typisches Werder-Spiel. Auch hier vier Minuten später nutzte Pitroipa eine zu kurz abgewehrte Ecke, machte zwei Schritte in den Strafraum und konnte den Ball freistehend wunderschön in den Winkel dreschen. Unhaltbar! Der Ausgleichstreffer! Das kann doch nicht wahr sein, immer diese Achterbahnfahrten. Der HSV war nun weitaus dichter am Sieg als die Werderaner. Diese kämpften sich jedoch zurück und gestalteten das Spiel nun offen. Beide Mannschaften hatten einige Chancen, um den Siegtreffer zu erzielen. In der 85. Minute nahm der eingewechselte Daniel Jensen mit einem mustergültigen Tackling Piotr Trochowski, der vergessen hatte den Ball abzuspielen den Ball ab und spielte diesen auf Wesley, der das Spiel schnell gestaltete. Pass auf Pizarro, der sofort in die Gasse auf den startenden Wesley zurückspielte. Dieser passte von der Grundlinie quer zum Tor, wo Almeida nur noch seinen Fuß hinhalten musste. 3:2! Das Stadion explodierte, die Fans feierten, die Tribüne jubelte.

Doch es sollte noch einmal eng werden. Der HSV hatte noch einige hochkarätige Chancen, scheiterten jedoch am starken Tim Wiese oder an Mertesacker, der in letzter Sekunde gegen van Nistelrooy klären konnte. In der letzten Spielminute der Nachspielzeit hatten die Hamburger noch einmal eine Ecke und auch Frank Rost machte sich auf den Weg in den Bremer Strafraum. Diese Ecke brachte jedoch nichts ein und der Ball landete rasch bei Wesley, der die Gunst der Stunde nutzte und auf das freie Tor zulief. Da noch ein Verteidiger der Hamburger mitlief, spielte Wesley auf den mitlaufenden Almeida. Obwohl dieser nun ungestört auf den freien Kasten zulief und auch einnetzte wurde, das Spiel von Schiedsrichter Kinhöfer nicht gegeben. Abseits! Diese Entscheidung war höchst umstritten und Marko Marin bekam auch nach Abpfiff eine gelbe Karte wegen Meckerns. Nach Analyse und Regelkunde muss man aber die Richtigkeit der Entscheidung bestätigen!

Werder gewann im Nordderby gegen den HSV mit 3:2. Es war das erwartete hart umkämpfte, aber auch ein attraktives Spiel.

Hoffen wir, dass Werder nun Fahrt aufnimmt und weiter wichtige Schritte in der Tabelle nach oben macht. Besonders erwähnenswert war die gute und friedliche Stimmung. Beide Seiten machten ordentlich Stimmung, duellierten sich, doch auch in der Stadt blieb es friedlich! Aufgrund der Vorkommnisse in der letzten Saison, als Bremer und Hamburger Fans in der Innenstadt aneinandergerieten, verhängte die Polizei dieses Mal ein zwanzig-minütiges Blockverbot. Als die Tore sieben Minuten länger geschlossen gehalten werden mussten, weil die Sicherheitslage noch nicht einwandfrei geklärt war, fürchteten einige HSV-Anhänger ihre Züge zu verpassen und drückten gegen die Tore. In dem daraufhin entstandenen Gedrängel stürzten einige Polizisten und Fans die Treppen herunter und verletzten sich zum Teil schwer. Ein HSV-Fan musste reanimiert werden und liegt noch immer in einem Bremer Krankenhaus. Die Mitglieder des Werder Fan Clubs „Grün-Weißes-Sachsen“ sprechen den verletzten Hamburger Fans und Polizisten die besten Genesungswünsche aus und hoffen, dass es ihnen bald besser geht.