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Bayer 04 Leverkusen - WERDER BREMEN

In der Bundesliga ist man es gewohnt, dass Spiele durch die Heimvereine gut organisiert sind und der Zu- und Ablauf zum Stadion reibungslos funktioniert. Positiv ist hier Nürnberg heraus zu heben. Hier wird man bereits auf der Autobahn durch Leuchttafeln begrüßt und als Gästefan schnell und zielgerichtet zu seinem Parkplatz gelotst. Als Negativbeispiel habe ich bisher immer München und die Allianz-Arena nennen müssen. Die Autobahnen sind vor und nach dem Spiel dem Andrang nicht immer gewachsen. Außerdem kommt es beim Abfluss aus den Parkhäusern durch die Bezahlung mit der Arena Card immer wieder zu Verzögerungen. Beim letzten Spiel benötigten wir über eine Stunde, um aus dem Parkhaus heraus zu kommen. Im Prinzip war das jedoch bisher alles tolerierbar. Der gestrige Tag beim Spiel in Leverkusen erreichte eine neue Qualität der Desorganisation. Aber der Reihe nach...

Das Spiel am Sonntagnachmittag bot für die weite Anreise aus Sachsen die denkbar ungünstigste Konstellation, zumal gestern wieder alle auf Arbeit mussten. Aber wir hatten einen Sonntag mit perfektem Spätsommerwetter erwischt. Die Sonne lachte und der Himmel war nahezu wolkenlos. Der Fanclub reiste wie immer mit mehreren Fahrgemeinschaften an. Unsere Chemnitzer Fahrgemeinschaft hatte dieses Mal noch Patrick aus Leipzig an Bord. Auf Grund der späten Anstosszeit sollte er auf der Rückreise in Weimar in den Zug verfrachtet werden, um eine Stunde Zeit gegenüber der Leipzig-Route einzusparen. Wir hatten vor dem Spiel einen Puffer von 2 Stunden eingeplant. Nach dem Spiel durfte eine Verzögerung von maximal einer Stunde eintreten, da der letzte Zug um kurz vor Mitternacht von Weimar nach Leipzig fuhr.

Die Anreise aus Sachsen ins Rheinland verlief problemlos. In Eisenach legten wir bei 23 Grad auf der Terrasse von McDonald's die Mittagspause ein. Die ersten Gedanken machte ich mir erst, als im Radio von einer "Sperrung der A3 ab Kreuz Köln Ost bis 20.00 Uhr" die Rede war. Sollte man zum Spiel eine der wichtigsten Autobahnen gesperrt haben?

Ja, das hatte man! Um 15.00 Uhr befanden wir uns am Kreuz Köln Ost, noch 2,5 Stunden bis zum Spiel! Wie im Radio gemeldet ,war die Autobahn dicht. Die Umleitung führte durch Köln. Schon kurz nach der Abfahrt von der Autobahn ging nichts mehr. Das Navi zeigte noch 7,5 km bis zum Ziel an. Um 16.00 Uhr hatte man genau 550 m zurückgelegt. Um 16.30 Uhr zeigte das Navi immer noch 6,2 km bis zum Ziel an. Es ging nichts vorwärts, da diese Straße zwar einigermaßen gut ausgebaut war, aber alle 200m der Verkehr an irgendwelchen Ampelkreuzungen zum erliegen kam. Ständig drängten neue Fahrzeuge von rechts und links in dieses Chaos von Blech hinein.

Als wir um 17.00 Uhr immer noch sportliche 5,4 km vor uns hatten, entschied ich mich, mit Hilfe des Navis über Schleichwege zum Ziel zu kommen. Die Gegend war mir gänzlich unbekannt. Wir rasten kreuz und quer durch Wohngebiete aber irgendwann waren wir wieder auf der Hauptstraße. Und siehe da: 2,9 km bis zum Ziel. Dazu muss man noch anmerken, dass Werder auf der Homepage extra allen geraten hatte, als Ziel einen P+R Parkplatz anzusteuern, der noch einmal 5 km vom Stadion entfernt lag. Der Parkplatz war nach einigen kleineren Staus um kurz nach 17.30 Uhr erreicht. Es handelte sich um einen großen Werksparkplatz eines Chemiekonzerns. Die Lage und die Verkehrssituation ließen mich schon das Schlimmste für die Rückfahrt befürchten. Jetzt galt es aber erst mal, zum Stadion zu kommen. Der Anstoß musste ja schon erfolgt sein! Laut Angabe von Bayer Leverkusen waren für den Shuttlebus 15-20 Min. Fahrt einzuplanen. Ich trieb meine Mitfahrer beim Verlassen des Autos an und wir rannten über den Parkplatz in eine Richtung, in der wir die Haltestelle des Shuttlebusses vermuteten. Richtig geraten! Das stand er! Es gab sogar Ordner, die die Leute einwiesen.

Wir sprangen in den Bus, der sofort los fuhr. Mittlerweile zeigte die Uhr 17.45. So ziemlich alle Leute im Bus fluchten. Hatten wir doch nach unserem damaligen Kenntnisstand bereits 15 Minuten des Spiels verpasst und ein Ende der Fahrt war nicht abzusehen. Irgendwann rief jemand, dass der Anpfiff um 15 Minuten verschoben wurde - neue Hoffnung! Der Bus stand ebenfalls ständig im Stau. Wir querten mehrmals die Autobahn und konnten das Chaos durch die Umleitung nochmals von oben betrachten. Nach knapp 30 Minuten Irrfahrt hielt der Bus vor der Arena. Es war 18.10 Uhr!

In der Bundesliga ist man es auch gewohnt, dass vor Stadien Orientierungspläne aushängen, damit man schnell seinen Block findet. Nicht so in Leverkusen! Unsere Orientierungslosigkeit und die Einlasskontrollen kosteten weitere 10 Minuten, da wir 2mal rund ums Stadion sprinteten, um zum Gästeblock zu gelangen. Ich hatte die Nase gestrichen voll. Als Fahrer war ich nach dem Chaos voll am Ende und mir war jegliche Lust an Fußball vergangen. Nach einer kurzen Pinkelpause quetschten wir uns in den Gästeblock, der aus allen Nähten platzte. Selbst die Durchgänge waren voll. Wir mussten uns mit vereinten Kräften zu den restlichen Fanclubmitgliedern durchboxen. Die Anzahl der verfügbaren Plätze im Block und die der zutrittsberechtigten Personen wies eine doch deutliche Differenz auf.

Vom Spiel bekam ich in der ersten Hälfte nicht mehr allzu viel mit. Die Leverkusener Führung hatten wir bereits verpasst, es wurde keine Werder-Aufstellung angezeigt und die Stadionuhr zeigte die 22. Spielminute an, als ich erstmals freien Blick auf den Spielfeld hatte. Zudem standen wir alle mehr oder weniger verstreut im Block herum. Fußballgenuss nach mehr als 600 km Anreise sieht anders aus!

Halbzeit! An ein Bier oder die obligatorische Stadionwurst war nicht zu denken. Bei den Massen hätte man sicher auch die 2. Hälfte verpasst, wenn man in der Halbzeitpause versucht hätte, sich zum Imbiss durchzuwühlen. Es waren im Gästeblock auch erstaunlich wenige Getränke im Umlauf.

Schaaf wechselte und brachte Almeida für den zweiten Durchgang. Es konnte alles nur besser werden! Die Situation im Gästeblock entspannte sich ein wenig und kurz nach der Pause gab es für uns erstmals an diesem verkorksten Tag Grund zum Jubeln. Hugoal hämmerte einen Freistoß in die Maschen - 1:1! Das Spiel nahm jetzt deutlich Fahrt auf. Nach dem Ausgleich waren beide Teams bemüht, sich offensiver am Geschehen zu beteiligen. Wieder war es Almeida, der dieses Mal als Vorbereiter bei einer Traumkombination an der Bremer Führung beteiligt war. Almeida aus der Luft zu Hunt, der per linkem Außenrist Richtung Elfmeterpunkt, dort Marin volley ins rechte Eck - 1:2! Sollte der Tag doch noch ein gutes Ende nehmen?

Nein! Denn man ist ja Fan von Werder Bremen! Und da gehört es schon zu einer guten Tradition, sich doch noch alles aus der Hand nehmen zu lassen. Derdiyok versenkte kurz vor Schluss flach ins rechte Eck, nachdem sich die Bremer nach der Führung zu sehr hinten rein drängen ließen und kaum noch für Entlastung nach vorn gesorgt wurde. Außerdem stand ja noch die Rückfahrt an, die nichts Gutes bedeuten konnte.

Wir versuchten nach dem Spiel schnell zum Parkplatz zu kommen. Somit musste die Verabschiedung dieses Mal schnell über die Bühne gehen. Nach einem schnell geknipsten Gruppenfoto standen wir um 20.30 Uhr an der Bushaltestelle. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir knapp 4 Stunden Zeit, um nach Weimar zu kommen. Normalerweise ist das in reichlich 3 Stunden zu schaffen.

Der Einstieg in den Bus verlief relativ problemlos. Für die ersten Fans waren ausreichend Busse da. Fast fühlten wir uns zum ersten Lob des Tages für die Leverkusener Organisation genötigt. Die gute Stimmung verflog jedoch recht schnell. Der Bus kam nur im Schneckentempo vorwärts und stand fast ausschließlich im Stau. Hatten Shuttlebusse sonst nicht immer Vorfahrt? Wir lernten ein völlig verfehltes Verkehrskonzept kennen, falls es sowas bei Bayer Leverkusen überhaupt gab! Über Funk wurden die Fahrer angewiesen, wieder schnell zum Stadion zurück zu kommen, da die Busse knapp wurden. Mit dem Hubschrauber wäre das sogar machbar gewesen! So brauchten die Fahrer sicher mehr als eine Stunde, um wieder zurück zu fahren.

Um kurz nach 21.00 Uhr erreichten wir den Parkplatz. Nun wurde es langsam eng, den Zug in Weimar zu schaffen. Was soll ich sagen? Meine Befürchtungen vom Nachmittag bestätigten sich! Der Parkplatz hatte nur eine Ausfahrt, davor Stau in alle Richtungen. Dazu hatte man die Bushaltestelle noch an die Einfahrt gelegt, sodass auf dem Parkplatz gar nichts mehr ging! Ratlosigkeit machte sich breit.

Um 21.30 fühlte sich Enno genötigt, die Enge mit drei Leuten auf der Rücksitzbank zu verlassen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Er konnte einen Weg auf dem Parkplatz auskundschaften, auf dem man zumindest schneller zur Ausfahrt kommt. Enno sollte Verkehrspolizist werden. Das Rudern mit den Armen hat er schon voll drauf! Um kurz vor 10 war es endlich vollbracht: Wir standen vor dem Parkplatz im Stau. Laut Navi waren es 2 km bis zur wieder geöffneten Autobahn. Aber es ging wieder nichts los. Wie schon am Nachmittag versuchte ich nun, über Schleichwege schneller die Auffahrt zu erreichen. Was würde man nur ohne Navi machen? Um 22.10 Uhr sah ich das erlösende blaue Schild der Autobahn.

Ich versuchte nun alles raus zu holen, was die Karre her gab. Der Spritverbrauch schoss in unermessliche Höhen. Ich wurde dadurch belohnt, dass sich die Ankunftszeit in Weimar laut Navi von 0:50 Uhr auf 0:30 Uhr reduzierte. Bei guten Winden war der Zug kurz vor 12 in Weimar vielleicht doch noch zu schaffen. Aber dann kam Hessen und das Rothaargebirge. Dort muss man schon von Haus aus einen Umweg fahren, weil unsere Verkehrsplaner nie daran dachten, die A4 einmal zu vollenden. So klafft auch heute noch zwischen Olpe und Kirchheim ein großes Loch in der Infrastruktur. Auf der A5 befand sich auf JEDER Brücke eine Baustelle, die zu Tempo 80 einlud. Als Folge dessen bekam ich wieder eine Ankunftszeit um 0:45 Uhr angezeigt, was mich dazu veranlasste, das Projekt Weimar unbearbeitet zu den Akten zu legen und fortan Sprit zu sparen.

Bei einer Rast bei Burger King reifte schließlich die Idee, Patrick mit nach Chemnitz zu nehmen und dort in den Zug zu setzen. Im Zeitalter der Bahnauskunft über Handy erkennt man jedoch schnell das nächste Problem: zwischen 23:30 Uhr und 04:00 Uhr herrscht auf der Strecke nach Leipzig Funkstille. Patrick konnte sich daher schon mal auf eine Nacht auf dem Chemnitzer Hauptbahnhof einstellen.

Der Tempomat erfüllte danach erstmals seine Aufgabe, Sprit zu sparen. Der Rest der Rückfahrt verlief ruhig. Weimar passierten wir um kurz nach 1.00 Uhr. Um kurz vor zwei hatten wir alle Leute verteilt und Patrick auf dem Chemnitzer Hauptbahnhof abgesetzt. Ich schlief schlecht in dieser Nacht. Nach 19 Stunden Stress, Chaos und Hektik, davon 14 Stunden am Steuer, eine nachvollziehbare Reaktion des Körpers. Ich war gerade eingeschlafen, als um halb 6 bereits wieder der Wecker klingelte. Der nächste Tag hielt für mich eine 10stündige Dienstreise bereit, bei der ich wieder fast 8 Stunden hinter dem Steuer saß. Jeder Berufskraftfahrer wäre empört und würde mir die Lenk- und Ruhezeiten unter die Nase halten. ;-)

Wie ich dann durch Stefan erfuhr, hatte man sich in Leverkusen und Umgebung alle nur erdenkliche Mühe gemacht, um uns den Sonntag zu verderben. Hier ein kurzer Abriss in Stichpunkten:

1. Riesen Verkehrsaufkommen im Ruhrgebiet: Heimspiel Dortmund, Heimspiel Leverkusen, Köln-Marathon, Supertramp-Konzert in der Kölner Lanxess-Arena und KoRn-Gig im Palladium, verkaufsoffener Sonntag, Tag der Deutschen Einheit (wie man so später mitbekam, man erkundigt sich ja nicht immer vorher, was so los sein könnte)

2. Vollsperrung der Autobahn A3 in Köln/Leverkusen (quasi die Hauptverkehrsachse im Gebiet Köln/Leverkusen) für Brückenabrissarbeiten zum Ausbau der A3. Und jetzt haltet euch fest: das Ganze zwischen 16:00-20:00, quasi in den Spitzenstunden der An- und Abfahrt der ganzen Events.

3. Verkehrskonzept von Bayer Leverkusen: (falls überhaupt ein solches vorhanden war) war völlig daneben und unzureichend auch ohne die besondere Situation am Sonntag. Auf die zusätzlichen Anforderungen durch die Events und der gesperrten Autobahn war man überhaupt nicht vorbereitet.

4. Folge: Zusammenbruch des gesamten Verkehrs. Es ging rein gar nichts mehr. Keinerlei vernünftige Umleitung, Polizei oder sonstige Maßnahmen den Verkehr organisiert an- und abzuführen.

Fazit: Wir waren uns im Fahrzeug einig, das letzte Mal in Leverkusen zum Spiel gewesen zu sein. Auch den Besuch des Spiels in Dortmund werden wir uns noch einmal reiflich überlegen! Vielleicht sollte der DFB bei der Lizenzvergabe auch das Verkehrskonzept prüfen. So etwas wie in Leverkusen gehört nicht in die Bundesliga. Außerdem werden sicher nicht nur wir beim nächsten Mal wahrscheinlich die Ratschläge von Werder ignorieren, die uns in diesem Fall mit dem P+R Parkplatz komplett ins Verderben geführt haben.